Velo-Boom: Normales Frühlings­phänomen oder Corona-Effekt?

 

Es freut natürlich, dass das Velo als Verkehrsmittel an Beachtung gewonnen hat. In verschiedenen Medien und Artikeln wird aktuell gar spekuliert, dass die Velofrequenzen förmlich „explodieren“ und es zu einem Velo-Boom während Corona gekommen ist.:

Die explodierenden Velozahlen erwecken also den Anschein, dass das Velo derzeit die anderen Verkehrsmittel überflügelt. Dies wird allerdings oft soweit relativiert, als dass der Frühling besonders schön war und zum Velofahren verleitete. In einer Analyse haben wir untersucht, welche Effekte auf Corona zurückzuführen sind, und wie viel auf das gute Wetter. Vorweg: Das Velo ist krisenresistent, explodiert ist aber nichts – doch in abnormalen Zeiten ist eine normale Entwicklung auch schon ziemlich erstaunlich.

Für die Analyse wurde ein Modell anhand der Velofrequenzen der Stadt Zürich über die letzten 5 Jahre trainiert, verwendet wurden dabei meterologische (Temperatur, Wind, Niederschlag) und gesellschaftliche Variablen (Ferien, Feiertage, Wochenende, etc.). Daraus wurden die stündlichen Werte an jeder Zählstelle modelliert (funktioniert relativ gut mit Random Forest, R2>0.9).

Nun, was lernen wir daraus?

Das Modell kann nun die theoretisch erwartete Zukunft während Corona prognostizieren. Weichen die effektiven Zahlen davon ab, kann von einem Corona-Effekt ausgegangen werden. Es können dabei folgende lokale Beobachtungen gemacht werden:

Innenstadt/City: Entwicklung unter den Erwartungen

In der Innenstadt entwickelten sich die Velozahlen grundsätzlich unter den Erwartungen. Dies kann wohl primär auf die Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor zurückgeführt werden, wo Home Office viele Arbeitswege ersetzt hat. Seit den Lockerungen nähern sich die beiden Kurven wieder einander an. Die Balken zeigen jeweils die Abweichung der Ist- von der Soll-Kurve.

Quartiere: Entwicklung wie erwartet/leicht erhöht

In den Quartieren waren die Velofrequenzen leicht erhöht. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass sich die gesellschaftlichen Aktivitäten von der Innenstadt in die Quartiere verlagerten.

Das sind gute Neuigkeiten fürs Velo!

Denn über alle Zählstellen ausgewertet gab es zwar einen leichten Rückgang während Corona. Es zeichnet sich aber bereits ab, dass nun eine Phase der Unterschätzung folgen könnte.; d.h., dass mehr Velofahrende unterwegs sein werden, als wir aufgrund der Jahreszeit erwarten würden.Denn während bei allen Verkehrsmitteln die Nutzung an den Zählstellen deutlich zurückgingen, verhielt sich das Velo grösstenteils normal bis leicht unterdurchschnittlich. Einer Explosion entspricht das zwar nicht. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass der Anteil des Velos am Modalsplit in dieser Zeit deutlich zugelegt hat. Und dies darf durchaus als Velo-Boom während Corona bezeichnet werden.

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