Mit dem öffentlichen Baurecht die Transformation bestehender Siedlungen gestalten.

Dominic Fierz hat sich in seiner Seminararbeit am Spatial Transformation Lab der ETH Zürich mit den Spielräumen der Transformation bestehender Siedlungen beschäftigt. Anhand eines Fallbeispiels in Dübendorf analysierte er die Möglichkeiten, die die aktuellen raumplanerischen Instrumente bieten. Für die Denkerei hat er seine Erkenntnisse zusammengefasst; die Schlüsse bilden dabei einen Grundstein in der Innenentwicklung, die auf der Regelbebauung basiert.

Spätestens mit der Revision des Raumplanungsgesetztes (RPG) im Jahr 2012 ist die Thematik der Innenentwicklung in der breiten gesellschaftlichen Debatte angekommen. Die Revision hatte zum Ziel Massnahmen gegen die Zersiedelung zu formulieren, die qualitativ hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen zu fördern und für eine bedarfsgerechte Dimensionierung der Bauzonen zu sorgen [1]. Im Vordergrund steht die Erhöhung der Nutzerdichte innerhalb des bestehenden Siedlungsgebiets. Das Mittel hierzu ist die bauliche Verdichtung [2]. Dieser Transformationsprozess des Bestands stösst auf zahlreiche Hindernisse. Im Bericht «Verdichtetes Bauen in Ortszentren fördern, aber wie?» des schweizerischen Bundesrats werden Verdichtungshindernisse identifiziert. Sie werden als komplexes Gefüge blockierender Faktoren beschrieben, welche sich in soziokulturelle, rechtliche, technische und wirtschaftliche Hindernisse einteilen lassen [3].

Auf der Ebene der kommunalen Nutzungsplanung spielt die Raumplanung eine wesentliche Rolle im Schaffen oder Beseitigen von rechtlichen Verdichtungshindernissen. In der der Bau- und Zonenordnung (BZO) wird grundeigentümerverbindlich definiert wie und mit welchen Nutzungen das Siedlungsgebiet bebaut werden darf. Im Kanton Zürich können Bestimmungen über die Ausnützung (dies beinhaltet unter anderem die Grenz- und Gebäudeabstände, die Geschosszahl oder die Gesamthöhe), die Bauweise (offen oder geschlossen) und die Nutzweise definiert werden (vgl. dazu § 49 PBG ZH und §§ 251 – 253 PBG ZH).

Wie sich unterschiedliche baurechtliche Normen auswirken können, soll hier beispielhaft an einem Innenentwicklungsprojekt in Dübendorf illustriert werden. Die Stadt Dübendorf plant auf der Südseite des Bahnhofs Dübendorf einen neuen Bushof. Gleichzeitig soll das angrenzende Quartier verdichtet werden In der Folge wehrten sich betroffene Grundeigentümer*innen erfolgreich gegen die geplante Landumlegung (Quartierplanverfahren), welche eine zentrumsgerechte und verdichtete Überbauung ermöglichen sollte. Um dennoch die Verdichtung zu ermöglichen, bieten sich als Alternative die Instrumente der Rahmennutzungsplanung an. Anhand der folgenden Szenarien lässt sich zeigen, wie die Verdichtung mit diesen Instrumenten ermöglicht werden kann.

Städtebauliche Szenarien

Als Entwurfsgrundlagen für die Szenarien dienen die obere Bandbreite des Dichteziels der regionalen Richtplanung (300 Bewohner*innen und Beschäftigte pro ha) und die aktuelle BZO der Stadt Dübendorf. In den Szenarien wird davon ausgegangen, dass die maximal mögliche anrechenbare Geschossfläche (aGF) realisiert wird.

Szenario 1: Erhöhung der Ausnützungsziffer auf 1,5

Um das Dichteziel zu erreichen, wird die Ausnützungsziffer (AZ) auf 1,5 erhöht. Damit die aGF realisiert werden kann, sind vier Vollgeschosse notwendig. Die übrigen Bestimmungen der BZO Dübendorf werden nicht verändert. Die Berücksichtigung der kommunalen Grenzabstände und die Bestimmungen zum Mehrlängenzuschlag führen zu einer punktartigen Bebauung mit fragmentierten Aussenräumen. Dennoch lässt sich die maximal mögliche aGF nicht auf allen Grundstücken realisieren (rot markierte Grundstücke).

Szenario 2: Minimaler kant. Grenzabstand

Durch die Aufhebung der kommunalen Grenzabstände lassen sich kompaktere Gebäude realisieren. Die Aussenräume bleiben fragmentiert. Die maximal mögliche aGF lässt sich mehrheitlich realisieren.

Szenario 3: Geschlossene Bauweise

In Szenario 1 und 2 wird die Bebaubarkeit mit Bestimmungen zur Ausnützung gesteuert. In Szenario 3 wird die Bestimmung zur Bauweise von offen zu geschlossen geändert. Die geschlossene Bauweise verlangt den Bau der Gebäude auf mindestens eine Parzellengrenze. Durch die Definition der zustimmungsfreien Bautiefe kann die Konzentration der Baumasse zur Strasse hin gefördert werden. Es entsteht eine zusammenhänge der Strassenflucht folgende Bebauung. Die Aussenräume bilden zusammenhängende Flächen in den Innenhöfen.

Das gestalterische Potenzial des Baurechts nutzen

Die drei Szenarien zeigen, wie sich einzelne Änderungen an den Bestimmungen zur Regelbauweise auf die Bebaubarkeit der Grundstücke und die städtebauliche Form auswirken. Durch das bewusste und aktive Gestalten dieser baurechtlichen Normen lässt sich die städtebauliche Form steuern und damit die Transformation des Bestands ermöglichen.

Wenn die Innenentwicklung und Transformation bestehender Siedlungsstrukturen nicht nur auf dem Weg der Sondernutzungsplanung vorangetrieben werden soll und kann, bleibt nur der Weg über die Rahmennutzungsplanung. Und obwohl der Gestaltungsspielraum innerhalb der Rahmennutzungsplanung geringer ist als bei der Sondernutzungsplanung heisst das nicht, dass die Planer*innen ihn nicht nutzen sollten.

[1] Griffel, A. (2017). Raumplanungs- und Baurecht: In a nutshell. Dike Verlag AG, Zürich. S.8-9

[2] Kissling, S. & Bühlmann, L. (2019). Regelungen zur Förderung der Verdichtung und zur Beseitigung von Verdichtungshemmnissen. Bern. S.3

[3] Bundesrat (2017). Verdichtetes Bauen in Ortszentren fördern, aber wie? Bern. S.14

Dies ist ein Gastbeitrag von Dominic Fierz über seine Learnings in der Seminararbeit an der ETH Zürich. Für weitere Informationen können Sie ihn gerne hier kontaktieren. Bei urbanista.ch versuchen wir neue Erkenntnisse aus Forschung und Praxis in unsere tägliche Arbeit zu integrieren.

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